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Len und Lennard aus der EF befinden sich gerade aufgrund einen Austauschprojektes auf der anderen Seite des Atlantiks (wir berichteten) und haben den Wahlkampf in den USA hautnah miterlebt. Das haben beide zum Anlasse genommen, uns in einem persönlichen Interview über ihre Sicht der Dinge zu berichten:

Wie hast du den Wahlkampf in der Schule, bei deinen Freunden und deiner Gastfamilie wahrgenommen?
Len: Also bei mir in der Familie war der Wahlkampf überhaupt kein großes Thema, das liegt wahrscheinlich einfach daran, dass es nur eine Wahlberechtigte gibt und ich der einzige interessierte war. In der Schule und bei meinen Freunden wiederum war es ein größeres Thema, da es für viele ihre erste Wahl ist, bei der sie eine Stimme haben. Bei diesen gab es eine große Schere:
Da ich direkt an der mexikanischen Grenze lebe, waren einige extreme Trump-Gegner, da sie oder ihre Familie teilweise auch illegal in die USA immigriert sind. Viele andere waren oder sind richtige Trump-Fans, meistens einfach wegen seiner Versprechungen die Wirtschaft wieder zu „retten“. Manche waren auch ganz einfach fasziniert von seiner Person und der Art wie er redet und Politik machen möchte.
Lennard: Meine Freunde in der Schule reden nicht wirklich über die Wahl, da die meisten noch nicht wählen dürfen oder nicht an Politik interessiert sind. Meine Familie redet über die Wahlen, sie sind zwar auch nicht sehr politisch, aber haben Sorgen, dass Trump gewinnt. In der Schule wird nur im Politikunterricht über die Wahlen gesprochen.

Welche Argumente für/gegen Harris und Trump hast du wahrgenommen?
Len: Die meisten Leute, mit denen ich geredet habe, argumentieren gar nicht mit politischen Zielen, sondern wollen eine Person wählen, die sie mehr „mögen“. Die Argumente, die genannt werden, sind meist folgende:
Trump:
⁃ Verbessert die Wirtschaft
⁃ Er ist stark
⁃ Beendet Kriege
⁃ Möchte Migranten aus dem Land werfen
⁃ Möchte Abtrennungen jeden Staat überlassen
Harris:
⁃ „schwach“
⁃ Möchte Abtreibung für jeden legal machen
⁃ Ist das gleiche wie Biden nur in anderer Gestalt
Viele dieser Argumente haben auch überhaupt keine Basis und sind einfach Vorstellungen, die mit den Kandidaten verbunden werden. Bei diesen Argumenten habe ich mich immer gefragt, ob ihnen egal ist, dass Trump noch in Anklagen und Gerichtsverfahren verwickelt ist.
Lennard: Gegen Harris sagen viele, dass sie der Wirtschaft und dem Land schaden wird und dass hier die Präsidenten immer männlich waren und es keinen Grund gäbe eine Frau zu wählen. Grundsätzlich nennen viele gar keinen plausiblen Grund, sondern sagen nur, dass sie Harris hassen. Argumente gegen Trump hört man in Indiana selten, aber typische Argumente sind, dass er ein schlechter Mensch ist, der Lügen erzählt und Angst und Hass verbreitet, indem er schlechte Dinge über Harris (etc.) erzählt. Außerdem sagen viele, dass er ein Krimineller, ein Sexist und ein Rassist ist.

Welche Themen waren deiner Meinung nach in diesem Wahlkampf am wichtigsten?
Len:
1. Wirtschaft
2. Ausländer/Migration
3. Internationale Beziehungen
4. Abtreibung
5. Repräsentation, eine „starke“ Person, die das Land richtig leiten kann. Viele waren einfach enttäuscht von Joe Biden.
Lennard:
Am wichtigsten waren die Themen Wirtschaft und Inflation, Abtreibung und Immigration.

Wie beeinflussen die sozialen Medien deiner Meinung nach den Wahlkampf und die Wählermeinungen?
Len: Es spielt eine essenzielle Rolle besonders bei jungen Wählern, denn für viele ist es die einzige Informationsquelle. Das merkt man auch bei Debatten mit Schülern, sie kopieren meistens genau das, was sie auf Social Media gehört haben und argumentieren meist nur damit.
Lennard: Die sozialen Medien beeinflussen hier die Leute durch schnelle Verbreitungen von News oder auch Fake News. Viele glauben an die Informationen der sozialen Medien. Man hat oft das Gefühl, dass sich Leute gar nicht richtig informieren und sich nur nach Influencern richten, die Dinge erzählen, die teilweise nicht wahr sind.

Gab es besondere Veranstaltungen oder Aktionen an deiner Schule, die sich mit den Wahlen beschäftigt haben?
Len: Nein nicht wirklich. Man konnte sich bei uns an der Schule zum Wählen anmelden, aber irgendwelche Werbungen etc. gab es nicht.
Lennard: Uns wurde nur ein Vortrag gehalten, der uns über die Wahlen informiert und aufgefordert hat zu wählen.

Was denkst du über das Wahlsystem in den USA im Vergleich zu Deutschland?
Len: Ich finde, das Wahlsystem hier ist eine Katastrophe. Es befolgt nicht einmal die Grundgesetze einer Demokratie, da oft Minderheiten einfach verloren gehen. Durch das electoral college sind auch viele Lösungsversuche unmöglich, da man nicht einfach eine neue Partei gründen kann, die erfolgreich sein kann. Das Problem hier liegt ziemlich tief und ist sehr schwer vielleicht sogar unmöglich zu beheben, ohne das komplette System zu revolutionieren.
Lennard: Ich finde es besser, dass wir mehr als zwei große Parteien haben und die Möglichkeit haben, durch Koalitionen eine vielfältige Regierung zu stellen. Es ist komisch, dass in den USA theoretisch die Partei mit weniger Gesamtstimmen trotzdem gewinnen kann und dass durch das Mehrheitswahlrecht die Stimmen des Verlierers in den einzelnen Staaten praktisch nichts bringen. Meiner Meinung nach ist die Wahl in den USA in manchen Hinsichten nicht ganz demokratisch.

Vielen Dank für diese Einblicke an Len und Lennard – wir wünschen euch noch eine tolle Zeit in den USA!

Text: Len / Lennard, Foto: KAG Archiv